„Warum stehen wir hier bloß so alleine herum?“ schien in den beiden ratlosen Gesichtern geschrieben, die am Dieburger Bahnhof am 5. November sehnsuchtsvoll nach mir Ausschau hielten:
„Stimmt die Uhrzeit, stimmt wenigstens das Datum?“ Eigentlich hatte auch ich sechs Augenpaare mehr erwartet. Die HLB hatte mich mit Verspätung zwar, doch immerhin gerade noch pünktlich zum vereinbarten Treffpunkt gekarrt und den inzwischen leidlich gewohnten Zugausfall eher zufällig für die Rückfahrt aufgespart. Als aber die übrigen Mitwanderer endlich doch noch einen Parkplatz gefunden hatten, ließen sie nicht mehr lange auf sich warten.
Nach ausführlicher wechselseitiger Begrüßung hätte es eigentlich gleich losgehen können, aber mein Navi wollte zunächst wieder einmal nicht so recht auf Anhieb. Wozu nur so etwas noch benutzen wollen, wenn man damit nicht mehr klarkommt? Die nächste Frage schloss sich fast nahtlos an: „Wozu eigentlich Wanderstöcke mitnehmen, bei dieser Kurzwanderung?“ Ich versuchte, auch das befriedigend zu beantworten, um jeglichem Unmut vorzubeugen, denn die Hälfte der Teilnehmer wollte darauf nicht verzichten.
Leider ging ein Bisschen das Bewusstsein für das Historische unter. So wie wir müssen nämlich einst die Römer von dem seinerzeit bedeutenden Verwaltungssitz Dieburg mit seinen Tempeln und Handelsstationen aus gen Mainzer Berg gewandert sein, von dessen 227 m Höhe aus sich das gesamte Untermaingebiet zwischen Taunus und Spessart in den Blick nehmen ließ. Nun hatten wir aber weder Römer noch Römerin unter uns und konnten den Berg also getrost ausklammern, um unsere Kräfte für den Martinsmarkt später zu bündeln.
Immerhin fanden wir einen Jakobsbrunnen, der uns zu spontaner Rast einlud. Da sein Wasser jedoch als nicht zum Trinken geeignet ausgewiesen war, mussten wir uns mit dem selber Mitgebrachten begnügen. Damit beließen wir es aber nicht. Vielmehr wurden schließlich auch noch die Stullen ausgepackt. Regendurchfeuchtete Tische und Bänke waren ausreichend vorhanden und fanden begeisterten Zuspruch. Ich aber verzichtete darauf, einen nassen Hosenboden zu riskieren.
Wem so viel Feuchtigkeit noch nicht gelangt hatte, dem boten die beiden Seen am Wegesrand reichlich Anschauungsmaterial und bevor wir die Stadt Dieburg wieder erreichten, wurden noch eifrig Fotos gemacht von den großen Pilzen im Gebüsch neben den Wegen. Vor Dieburgs Autofahrern hatte mich mein Fahrlehrer einst so eindringlich gewarnt: „Taucht DI auf, dann gleich rechts ran fahren und den Motor abstellen!“ Ähnliches hörte ich von Hamburgern auch über PI für Pinneberg reden. Wie ist das dann mit WI? Doch damit bin ich am Schluss meiner Betrachtungen angelangt, denn der wiedereröffnete Dieburger Martinsmarkt, der coronabedingt noch im Vorjahr pausiert hatte, wurde von uns individuell erst nach Beendigung der offiziellen Wanderung erkundet.
Georg Urbanski