Im "Weißen Meer“, einem Binnenmeer mit einem breiten Zugang zum nördlich gelegenen Arktischen Ozean im Norden des europäischen Teils von Russland nahe der finnischen Grenze und ca. 400 km nördlich von Sankt Petersburg liegen die Solowesky Inseln.

Dorthin luden uns unsere russischen Partner dieses Jahr ein. Die Solowesky Inseln liegen 165 km südlich des Polarkreises und haben eine einzigartige Natur, die aus Tundra, Taiga, Seen und Mooren besteht. Das Weiße Meer friert im Winter nicht ganz zu, sondern es bildet sich nur um die Inseln eine Eisschicht. Durch dieses besondere Klima leben ca. 1500 Tier- und Pflanzenarten dort. Die Wälder bestehen zum größten Teil aus Kiefern und Tannen und nur wenigen Laubbäumen. Für uns ein spannendes Projekt.

Montag:
Unsere Reise begann mit dem Flieger nach St. Petersburg.Wir wurden von Anatoli und seinem Neffen Grisha am internationalen Flughafen herzlich begrüßt. Ebenso herzlich empfingen uns Anna, Maria, Olga und Sofia im Domizil unserer Gastgeber. Champagnerkorken knallten und dazu gab es die vielen herrlichen russischen Häppchen. Es wurde viel über unsere Jumelages gesprochen und auch über die bevorstehende Nordlandreise.

Dienstag:
Am Vormittag besuchten wir das neu eröffnete Fabergé Museum. Hier staunten wir über viele wunderbare Kunstgegenstände. Der geplante Nachmittagsspaziergang entlang des Newski-Prospekts fiel buchstäblich ins Wasser mit Blitz und Donner. Die freie Zeit nutzen wir zur Vorbereitung auf die lange Bahnfahrt nach Norden.

Nach einem köstlichen Abendessen ging es für uns alle zum Bahnhof, wo wir den Zug Richtung Murmansk nehmen wollten.

rus zug 250Voll gepackt mit Koffern und Essen bestiegen wir den Nachtzug. Wir waren mit Anna und Anatoli in einem Abteil und in einem anderen Abteil die jungen Leute. Während der Fahrt wurde Tee serviert und dazu aßen wir die guten Pirogen, die Anna vorher bestellt und mitgebracht hatte. Satt und zufrieden machten wir unsere Bettlager zurecht und unser Nachtzug fuhr dem Norden entgegen.

Mittwoch:
Nach ca. 14-stündiger Fahrt durch wunderschöne Landschaften erreichte der Nachtzug am Morgen die kleine Stadt KEM. Das Boot brachte uns nach zweieinhalb Stunden Fahrt durch das Weiße Meer zu unserem Ziel: die Bolshoi (große) Solowezky Insel.

Auf der Insel angekommen, ging es mit dem Taxi weiter über Stock und Stein (nur Sandstraßen) zu unserem Hotel. Es ist neu gebaut, sehr schön, aber im alten Stil mit gemütlichen Zimmern. Um einen ersten Eindruck von der Insel zu bekommen, flanierten wir durch die kleine Siedlung.

Vor uns lag immer die gewaltige Festung mit dem Solowezky-Kloster innerhalb seiner Mauern. Die drei Kapellen wurden damals aus Anlass des Besuches der Zarenfamilie gebaut. Diese Siedlung wurde 1944 gegründet und hier wohnen ca. 1.000 Menschen. Auf der Insel gibt es eine Schule, einen Forstbetrieb, drei Geschäfte wovon 2 Geschäfte Lebensmittel verkaufen, ein Geschäft mit Bedarfsartikel. Das Krankenhaus (ca. 15 Betten) verfügt auch über ein Labor, Zahnarzt und Apotheke. Jahrelang wurde Agar-Agar, Laminaria Pulver und Seetang-Grieß produziert. Im Jahr 2000 wurde der ganzjährige Betrieb eingestellt und nur über den Sommer verarbeitet man Fisch und getrocknete Algen.

Donnerstag:
rus boot 250
Heute begaben wir uns nach dem Frühstück auf den Weg durch die wunderschöne Natur zu einem Bootsanlegeplatz. Nach einer Stunde Spaziergang erreichten wir die Boote. Wir starteten eine 3 km lange Ruderfahrt durch die Seen und Kanäle und legten dann an, um unser mitgebrachtes Picknick zu genießen.

ruspicknick 250Es war eine Bootstour auf „grünen und blauen“ Straßen durch das Binnensee-Kanalsystem der Solowezky-Hauptinsel. Viele der 500 Seen sind durch Kanäle miteinander verbunden. Hier transportierten Boote Holz, Heu und Fisch zum Kloster. Nach einer angenehmen Erholungspause in der freien Natur kehrten wir auf der 3 km langen Ruderstrecke wieder zurück und alle mussten abwechselnd rudern. Ein herrlicher Tag ging zu Ende.  

Freitag:
Freitagmorgen sind wir zum in der „Makarjewskaja Einöde“ liegenden Botanischen Garten gefahren, der zu den nördlichsten botanischen Gärten zählt. Den Namen bekam die Einöde 1822 von Archimandrit Makarij. Das Klima ist für Pflanzen, die aus anderen geographischen Breiten und Klimazonen hierher gebracht wurden, sehr günstig. Hier wurden Heilpflanzen, Zedern, Kräuter, Äpfel und Birnen gezüchtet und eine Menge wunderschöner Blumen. Zwei Kapellen und hauswirtschaftliche Bauten wurden außerdem errichtet.
Zur Zeit wachsen über 700 verschiedene Pflanzen hier und 1981 wurde der Solowezker Botanische Garten in das Verzeichnis der Botanischen Gärten Russlands aufgenommen.
Als wir zu unserer Siedlung zurückkamen, erlebten wir eine festliche Abschlussfeier der Sommer-Marineschule. Junge Mädchen und Jungen legten ihren „Eid“ ab und bekamen danach ihre Marinemütze überreicht.

Nach dem Mittagessen nahmen wir das Boot zur Bolschoj Sajazki-Insel. Von weitem sahen wir die Einsiedelei des Heiligen Andreas mit einer Holzkapelle und einer Steinkammer mit Küche. Auf der Insel befindet sich auch das größte neolithische Heiligtum des Nordens.

rus heide 250aHügelgräber, heidnische Figuren und 13 Labyrinthe, darunter das weltgrößte Steinlabyrinth. Es ist 25 Meter im Durchmesser. Unter den Gräbern hat man Reste von den Begräbnissen gefunden, z.B. Reste von Knochen, Steininventar und man vermutet, dass die Sajazki-Insel im Altertum die Kultbräuche von den Ureinwohnern, den Lappen, hier durchgeführt wurden. Trotz der von Moosen überwucherten Steine konnte man die Umrisse der Labyrinthe deutlich erkennen. Welche Bedeutung die Anordnung der Steine hatten, konnte bis heute nicht erforscht werden.

Diese Insel ist ein Naturreservat und wurde erst 2003 für Touristen geöffnet. Man darf über die ganze Insel nur auf Holzwegen gehen, um die empfindlichen Moose und Flechten nicht zu beschädigen und so wird die Flora in ihrer Ursprünglichkeit erhalten.

Samstag:
rus kirche2 250Am Samstag besuchten wir das Solowetzki Kloster. Seit dem 15. Jahrhundert begann die Geschichte des Mönchtums auf den Inseln. Ab dem 16. Jahrhundert wurde das Kloster zum geistlichen, wirtschaftlichen und militärischen Zentrum bis ins 18. Jahrhundert hinein. Man hat hauptsächlich Salz gewonnen und das Kloster hatte viele Schriftgelehrte, die eine umfangreiche Bücherei und Ikonenmalereien erstellten. Aber mit der Zeit baute man es zu einer Festungsanlage aus. Es hat acht Türme und sieben Tore in den massiven Mauern mit einer Dicke von 4 bis 6 Metern und einer Höhe zwischen 8 und 11 Metern.

Große Tragödien spielten sich in der Vergangenheit ab.

Der russische Schriftsteller und Nobelpreisträger für Literatur, Alexander Issajewitsch Solschenizyn, nahm sich für sein bekanntestes Werk, „Der Archipel Gulag“, die Solowezky-Inseln zum Vorbild. Der Roman kritisiert die Unterdrückung in der Stalin- und Chruschtschow-Ära und gilt als eines der einflussreichsten literarischen Werke des 20. Jahrhunderts.

Die lange und bewegende Geschichte des Klosters wurde uns bei einem Rundgang durch die Klosteranlage und in dem Museum bei einer Führung nahe gebracht. Das Kloster war seit dem Mittelalter eines der wichtigsten religiösen Zentren Russlands bis es zur Zeit der Zaren und anschließend von Lenin und dann von Stalin zum berüchtigten Inbegriff für den Staatsterror wurde. Unmenschliche Bedingungen und brutale Foltermethoden in den Arbeits- und Straflagern kosteten mehreren zehntausend „Staatsfeinden“ das Leben.

rus torbogen 2501939 wurde das Gefängnis geschlossen und die Bauten wurden der russischen Nordmeerflotte zur Verfügung gestellt. 1990 wurde das Kloster wieder von 50 russisch-orthodoxen Mönchen bewohnt. Ein Museum wurde hergerichtet und viele alte Schätze wieder zurückgegeben. 1992 wurde es in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen.

Am späten Nachmittag verließen wir den historischen Ort und begaben uns auf die Rückreise. Mit dem Schiff wieder nach KEM und anschließend mit den Zug zurück nach Sankt Petersburg.

Sonntag:
Die Ankunft in St. Petersburg war gegen Mittag. Nach dem Mittagessen machten wir, diesmal bei schönem Wetter, einen Stadtspaziergang und besuchten den Wintergarten mit seinen exotischen Bäumen und Springbrunnenanlagen. Den Abend ließen wir in gemütlicher Runde mit der Familie ausklingen.

Montag: Abschied von lieben Freunden 
rus gruppe 250Wir - Rolf und Britt - flogen wieder nach Deutschland zurück und waren um viele Eindrücke und Erinnerungen reicher. Es war eine außergewöhnliche Reise in eine andere Welt.
Vielen Dank an unsere Partner aus St. Petersburg und an die junge Familie aus Sotschi für die Organisation dieser wunderbaren Reise.

Britt und Rolf