Dienstag: Zwei Ehepaare, nämlich Jola & Jurek und Bogus & Genia sowie die Zwillinge Halinka & Liza – alle der Sektion Bielsko-Biała zugehörig – besuchten uns Anfang Oktober in Darmstadt.
Dabei kamen sie nicht nur von weither, sondern sie wohnen auch daheim weit auseinander, die Zwillinge nämlich in Lublin, wo wir sie bereits bei der dort mittlerweile leider aufgelösten Sektion kennengelernt hatten, und für diese beiden war aufgrund vorangegangener Begegnungen auch Darmstadt nicht mehr unbekannt. Irm nahm sie am Flughafen in Empfang, während die anderen im Wagen anreisten.
 
Mittwoch: Wer Heidelberg kennt weiß, dass sich ein Besuch an den Neckar fast immer lohnt, besonders bei so herrlichem Sonnenschein, wie wir ihn antrafen. Da bedarf es dann auch gar keines professionellen Stadtführers, sondern man kann den Touristenmagnet einfach so auf sich wirken lassen. Highlights gibt es dort ja wahrlich genug, und man entdeckt per Zufall immer wieder etwas Neues.

Besonders die Möglichkeiten zum Shoppen hatten es unseren Gästen eigentlich angetan, zumal nach Weihnachten ja vor Weihnachten ist und ein darauf spezialisierter Laden zum Verweilen geradezu einlud. Um die Mittagszeit führte uns Erika in ein Zeughaus. Dagegen erhobene Bedenken einer Teilnehmerin wusste ich zu zerstreuen, denn im Heidelberger Zeughaus wird vor allen Dingen gespachtelt, und das tat unsere Gruppe dann auch mit gesundem Appetit.

Selbstverständlich besuchten wir nicht nur den Karzer und die Universitätsaula, sondern auch Perkeo, der aufpasst, dass das Große Fass nicht geklaut wird, mit seinem vorwitzigen Fuchsschwanz. In einem dem Zwerge gewidmeten Restaurant speisten wir am Abend im Wettlauf gegen die Zeit, ging es doch darum, hernach noch rechtzeitig den passenden Zug zu erreichen. Die Studentin Maria Tichotskaja, Jumelage-Mitglied  aus St. Petersburg, die sich an diesem Tag bis zum Ende der Begegnungswoche zu uns gesellte, trug mit ihren frisch erworbenen Ortskenntnissen entscheidend dazu bei, dass das tatsächlich auf die Minute genau gelang.

Donnerstag: Unsere Gäste genossen den Waldkunstpfad, während Klara schon den von Meinhard organisierten Grillplatz für das Oktoberfest unserer Sektion dekorierte. Über mangelnden Zuspruch konnte man nicht klagen, denn die Aussicht auf Gegrilltes und Süßes lockte zwar keinen Sonnenschein hervor, dafür aber weit mehr Mitglieder an, als sich zuvor angemeldet hatten. Darben musste dennoch niemand, denn wir hatten ausreichend für Hart- und Software vorgesorgt.

Hoch zu loben ist Werner Quilling, der nicht allein am Gasgrill – von Toni mit großem Aufwand bereitgestellt – sondern auch als Vorsänger seinen Mann stand. Es wurde eben keineswegs nur gevöllert. Vielmehr erfreuten uns die Zwillinge und Jurek mit Gesang und Gitarrenspiel.

Am anderen Morgen – die Karawane war längst schon weitergezogen – schufteten Herbert und Noriko im Schweiße ihres Angesichts, um den Grillplatz wieder in einen solchen Zustand zurück zu verwandeln, dass Toni bei der Schlüsselrückgabe keinen Ärger bekam.

Freitag: Angeblich soll es Leute geben, die von der weltberühmten Kur- und Kongressstadt noch nichts gehört haben. Die Rede ist natürlich von der hessische Landeshauptstadt, wo die Luft vor hundert Jahren so gut war, weil die Leute nie die Fenster aufmachten. Das behauptete tatsächlich unser Stadtführer. Pappnase! Erika hat diesen Quatsch beim Übersetzen für unsere Gäste doch hoffentlich weggelassen. Jedenfalls kamen unsere Gäste aus dem Staunen gar nicht mehr heraus und konnten sich kaum losreißen von der großen „Kuckucksuhr“.

Vielleicht sollte ich an dieser Stelle hinzufügen, dass wir nicht bloß sie, sondern auch noch ein paar andere Sehenswürdigkeiten aufsuchten, so zum Beispiel die Russische Kapelle, das Bie­bricher Schloss, das Kurhaus und vor allem den Neroberg, der nach keinem römischen Kaiser, und den Kochbrunnen, der nach keinem hessischen Ministerpräsidenten benannt ist. Um die Ver­wirrung zu steigern, fiel, als wir wieder zurück nach Darmstadt wollten, auch noch unser Zug aus.

Samstag: Zur Ehrenrettung der Bahn muss hier wirklich einmal gesagt werden, dass sie gar nicht so schlecht ist, wie sich die Zugverbindung für uns leider auch an diesem Tage herausstellte, als wir nach Rüdesheim wollten. Nur die zu befürchtenden Nachwirkungen eines guten Tropfens konnte da die Autofahrer davon abhalten, lieber mit dem eigenen Wagen anzureisen.

Erst erlebten wir eine von Rolf vorgeschlagene  Rheinschiff­fahrt nach Assmannshausen, und dann, ja dann erwartete uns da dieser zugige Lift. Wer nie nach einem Regen Sessellift fuhr weiß nicht, wie sowas früheste Kindheitserlebnisse aus der Vergessenheit zurückrufen kann. Und „Wie eiskalt ist dein Händchen“ musste sich nach überstandener Fahrt nicht allein die Mimì in der Puccini-Oper „La Bohème“ nachsagen lassen.

Nach erfolgreicher Rekonvaleszenz ging es Schlag auf Schlag: erst Zauberhöhle, Rittersaal, Rossel, Naheblick, Germania, aber dann schon wieder so ein Lift, vorsichtshalber diesmal ein Kabinenlift. Für einfach jeden Geschmack war da etwas dabei. Mit Wein, Weib und Gesang wurde in einer für die Drosselgasse typischen Lokalität der absolute Höhepunkt unserer Begegnung mit den polnischen Freunden gefeiert.

po hd Schloss gruppe 250Erika, die sich tags zuvor in Wiesbaden die Hacken abgelaufen hatte, war in Gedanken sicher mit von der Partie. War sie es doch gewesen, die den Besuch des Weinlokals angeregt hatte. Vielleicht hat sie obendrein das Sängerpaar aus Krakau organisiert, das dort für uns auftrat und unsere Gäste mit heimatlichen Lauten überraschte.


Sonntag
: Leider schon in aller Herrgottsfrühe hieß es voneinander Abschied nehmen, denn auf die einen Gäste wartete bereits der Flieger und auf die anderen eine lange Heimfahrt mit dem Auto. Alle wünschen wir uns nach erlebnisreichen Tagen ein frohes Wiedersehen im kommenden Jahr.

Georg Urbanski