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Bretagne - Frankreichs Wilder Westen, Reise vom 15. - 24.09.2019

Liebe Mitreisende in die Bretagne,

bereits hier stutze ich: Wir reisen doch gar nicht mehr sondern sind angekommen! Wie heißen Reisende, die die Reise beendet haben? Egal, machen wir uns auf und beginnen eine Erinnerungsreise. Der Bericht sei unser Fahrplan.
Doch nun zur Sache: Erwarten Sie keine zeitgenaue Schilderung unseres täglichen Miteinander, den Reiseverlauf lesen Sie besser im „Flyer“ nach und die genauen Entstehungsdaten des Tympanons am Eingang des Hl. Firmin, sollten Sie einem kunsthistorisch orientierten Reiseführer entnehmen. (Flyer downloaden erfordert ggf. etwas Geduld)
Also reisen wir zusammen nach Breizh:  Merken Sie den Unterschied? Wir sind im Lande der Mythen und Geschichten angekommen, dessen Bewohner stolz darauf waren, nicht die verordnete Landessprache zu sprechen, sondern zu „petit“ eben “bihan“ zu sagen und dass sich seine Ecken und Kanten nicht nehmen ließ.
Es liegt also in der innersten Struktur dieser Reise, dass nicht alles genau bestimmbar ist und manches erst durch die Stimmung erklärbar wird.
Es beginnt auf einem Autobahnparkplatz: Auf Hochfranzösisch begegnet uns ein Verkehrsschild das unschuldiger Weise zum Stimmungsleitmotiv wird: SAUF SERVICE!  Walter setzt es um mit seinem Weidenkorb, gefüllt mit Flaschen, die in Schrankecken im Wartestand gelangweilt standen und noch nicht wussten, dass sie uns auf dieser Reise zur Stimmungsprophylaxe bestimmt waren. (Hier nenne ich besonders unsere weiblichen Mitreisenden, die es sich nicht nehmen ließen, diesen in den Flaschen enthaltenen Stoff tatkräftig mit zu vernichten.)
Ankunft in Chartres: Nach der Busfahrt sind wir erstaunt, welche Höhe wir auf knarzigem Kopfsteinpflaster noch ersteigen müssen, um endlich der Kathedrale eine erste Referenz zu erweisen: Sie bedankt sich mit ausgeklügeltem, technischem Farbenspiel. Engel fliegen, Uhren drehen sich (zu schnell!), auch dieser oder jener Drache erweist seine Referenz. (Nur de Gaulle fehlt; er wäre aber gerne dabei gewesen!)
Aus der unendlichen Vielfalt kunsthistorischer und architektonischer Schätze der Kathedrale, die wir am nächsten Tag erleben, erwähne ich nur als Beispiel für die geheimnisvolle Welt das Fußboden-Labyrinth der Kirche, das sowohl dem Bußgang als auch der spirituellen Meditation diente.

Rennes,
die schöne, junge Universitätsstadt mit alten Fachwerkhäusern und unzähligen Kneipen übergehe ich in meinem Bericht: Man müsste dort studieren, das wär` des Lebens schönste Feier- Herr, lass sie nie zu Ende gehn`.
Erwähnung muss jedoch die herrliche Dorade finden, die uns in Carnac-Plage abends serviert wurde.
Am nächsten Tag lernen wir den ganzen Namen kennen: „Morbihan= kleines Meer“. (s.o.)
Unser Besuch in der Austernzucht -oder besser- der 2.Teil mit den „Plates du fruit de mère“ war nur noch zu toppen von den Austern in Cancale: Das Geheimnis des Meeres verbindet sich mit Muscadet. Unbeschreiblich - Worte schaden nur!
Hier im Morbihan gibt es wieder bretonische Geheimnisse: Ein Boot fährt unter vollen Segeln rückwärts: Strom aus der Bucht hinaus!
Und nun Carnac: Eigentlich sagen die beiden Worte „Alignement und Megalithen“ alles. Wir vermuten viel und wissen wenig. Schaut euch eure Fotos an; ich will hier nichts beschreiben. Ist der Hintergrund religiös? Oder astrologisch- oder beides? Aber mit Sicherheit war das Aufrichten der Linien/Megalithen sehr viel Arbeit.
In Vannes lustiges Markttreiben mit Holzschuhen: „C´etait Anne du Bretagne, duchesse en sabot….“
Auch die Burg von Suscinio überlasse ich der Reiseführerlektüre; aber zu der beeindruckenden Schau über Artus (-die geographisch dort fehl am Platze ist-) liefere ich euch nur die Namen zur Erinnerung, zum Einfühlen und möglicherweise zum weiter Forschen: Artus, Merlin, Viviane, Lancelot, Morgane, Avalon, Excalibur und nicht zu vergessen – den Gral (der kommt noch!) (Leseempfehlung: J.L. Bannalec „Bretonische Geheimnisse“; M.Z. Bradley „Die Nebel von Avalon“) 

Über Pont Aven will ich nicht viel schreiben; Worte – die brauchte Pont Aven nie: Der Fluß, die Brücken und das Licht (Licht dürft ihr beliebig oft wiederholen!)
Und dann der Bußgang zur Chapelle de Trémalo: Das Kruzifix des gelben Christus. Von Gauguin mehrfach (auch mit Selbstportrait) gemalt. Auch hier ein Geheimnis: Wieso war der rüpelhafte Maler so sehr an religiösen Motiven interessiert?(Leseempfehlung: J.L. Bannalec „Bretonische Verhältnisse“) 

Statt der Beschreibung von Concarneau und Ville Close erzähle ich euch noch eine kleine Geschichte:

Zu Zeiten, als die alten Götter durch die Lehre der Missionare abgelöst wurden, lag in der Bucht von Douarnez (oder in der Baie de Trépassés) die Stadt Ys.

Sie war sehr reich! Ihr König war Gradlon, der eine über allen Maßen lebenslustige Tochter namens Dahut hatte.

(Siehe hier die Aussage der Gräfin von Thurn u. Taxis über die L(i)ebensgewohnheiten stark pigmentierter Weltbürger, früher als N….. bezeichnet)

Der König Gradlon besaß den Schlüssel (golden!) zur Schleuse von Ys. Der neue Liebhaber von Dahut – in auffälliges Rot gekleidet - ein Dämon oder gar der Leibhaftige selbst, erbat als Zeichen ihrer Zuneigung den Schlüssel der Schleuse          (-sonst wollte er sich nicht neigen-)  nettes Wortspiel!   Sie neigten sich beide!  Der Dämon öffnete die Schleusen; die Stadt ersoff! König Gradlon bestieg in höchster Not seinen Schwimmgaul, packte wutschnaubend seine Tochter auf das Pferd (Sie: „Ich habe doch nichts Böses getan!!!“) und ritt davon – wie Kaiser Willi nach Holland. Doch die Mähre hatte Charakter und lahmte. Da trat der Hl. Correntin als Nothelfer auf den Plan; er rief dem König Gradlon über das Brüllen des Meeres zu: „Schmeiß die Metze ins Wasser!“ Gesagt – getan! Das Pferd erholte sich und Dahut wurde eine Nixe (ev. Morgane). Hin und wieder soll Glockenläuten aus dem Meer zu hören sein; wer denkt da nicht an Atlantis oder Vineta.       

Natürlich wurde Correntin hinterher Bischof; ein bisschen Dankbarkeit muss schon sein! Man sagt in Breizh, wenn  Par-ys (Paris) untergeht, wird Ys auferstehen.


Nach dieser uralten Geschichte müssen wir uns ernsteren Themen zuwenden, zum Beispiel: Essen in der Bretagne: Für Bretonen ist das sehr einfach: Alles ist gut, was aus dem Meer kommt: Ich schreibe jetzt nicht mehr über Huitres (Gr. 1 bis 5), Hummer, Doraden, Seespinnen etc. sondern über salzige Butter und das an der Südküste der Bretagne gewonnene Meersalz. Es gibt nichts Besseres, selbst Fleisch (Entrecôte) kann man damit nicht verderben.
Daraus folgen die Grundnahrungsmittel der Bretonen (und Touristen): Crêpes und Galettes. Hier nur so viel: Crêpes sind süß und wandelbar (Mit Cointreau flambiert! Für Touris). Galettes werden im Zweifel ohne Ei aber immer mit Buchweizenmehl gebacken (Rezepte hat immer die Oma.). Dazu gehört Cidre aus Bolées.
 
Dazu noch ein altes französisches Lied:
      
Fiedler, Fiedler, willst du wohl Brot? Gnädige Frau, ´hat keine Not!
      
Sie haben, was mir viel lieber, schöne, hübsche gnädige Frau,
      
Sie haben, was mir viel lieber, Galette für den armen Fiedler!


(Vielleicht hatte der Fiedler in seinem Lied ja nicht nur eine Galette im Sinn. Ich weiß es nicht; ich kann kein Französisch!)
   Esst mehr Galette!


Für Concarneau mit der mittelalterlichen Festungsinsel Ville Close und dem Spaziergang über die Festungsmauer sowie über den Besuch der Kathedrale von Quimper (Chor und Kirchenschiff sind nicht in einer Flucht) verweise ich wieder auf den Flyer

Neben diesen bedeutenden Städten mit ihren Kathedralen und bunten Fachwerkhäusern erwartet uns aber noch ein bretonischer Edelstein, der nicht im Flyer aufgeführt ist. In dem kleinen Örtchen Saint-Thégonnec finden wir eine reiche Kirche aus dem 16.Jahrhundert mit allem, was zu einem spätmittelalterlichen Kirchhof dazu gehört: Triumphbogen, Beinhaus, Nebengebäude zur Kirche.
Was muss den Erbauern – reiche Textilhändler - diese Anlage bedeutet haben? Es war sicher nicht nur ihre große Frömmigkeit, sondern auch der Wille, ihren Reichtum zu demonstrieren, denn die Nachbardörfer begannen mit dem Aufbau solcher aufwendigen Pfarrbezirke, so dass man eine gewisse Konkurrenzsituation vermuten darf.
Der Höhepunkt von Thégonnec ist aber wieder typisch bretonisch; vor der Kirche steht ein großer Calvaire, der die Leidensgeschichte Christi so realistisch darstellt, dass dem betrachtenden Menschen dieser Zeit ein Schauer nicht erspart blieb. Hier hat auch wieder der Kelch (Gral) große Bedeutung und wir tun gut daran, die Wirkung dieser Art der Bilderwelt mit der modernen Kommunikation zu vergleichen.
(Persönliche Bemerkung: Diese besondere Art der Calvairedarstellung habe ich nur in der nördlichen Bretagne gefunden.)
Nun sind wir auf unserer Reise im Uhrzeigersinn im Norden angekommen und bewundern die Kraft des Windes, des Meeres und der Eiszeit, die hier ihre riesigen, rundgeschliffenen rosa Granitmonolithe hinterlassen hat. Keine spannende Handlung aber beeindruckende Natur mit dem Hinweis auf längst vergangene Zeiten, die der Küste auch ihren Namen gegeben hat: COTE DE GRANIT ROSE. (Leseempfehlung: J.L. Bannalec „Bretonisches Leuchten“)
Wir haben das Meer auf unserer Reise ja nur friedlich erlebt, aber gerade in der Bretagne ist es so tückisch und grausam wie an wenigen anderen Orten. Von Westen brausen ungebremst Stürme heran, Wassermassen drängen sich durch den Kanal und verquirlen sich mit felsigen Untiefen und Gezeiten. So liefert uns Cape Fréhel eher ein trügerisches Bild eines schönen Herbsttages. Nicht vergessen sollten wir aber, dass die Stürme die See bis an die Spitze der
        Phares (Leuchtturm) treibt.
Für die Seestadt St. Malo verweise ich wieder auf andere Darstellungen ohne ihre Bedeutung und ihr Flair klein zu schätzen.
Unsere Reise nähert sich dem Ende. Wir sind im Norden von
„Breizh“ angekommen und unser wichtigster letzter Höhepunkt gehört eigentlich schon zur Normandie. Trotzdem wird er zum Kulminationspunkt unserer Reise; hier konzentriert sich alles Erlebte auf engem Raum.


Abtei Mont-Saint-Michel

Zunächst muss man unseren französischen Nachbarn ein großes Kompliment machen, dass sie diesen Ort, der durch den überbordenden Tourismus verunstaltet und entwürdigt zu werden drohte, in dieser Form geschützt haben.
Ich will den Berg mit seiner Abtei nicht beschreiben. Es gibt genügend gute Bilder aus allen denkbaren Perspektiven. Daher muss seine innere Erfassung anders erfolgen:
Mein Versuch:
Unten das Meer, darüber das Dorf, dann die Abtei und über allem das Heiligtum, die Kirche. Etwas Wichtiges fehlt noch: Das Innerste, der Felsen, der alles trägt. Ohne einen stabilen Kern ist alles Äußere gefährdet (-nicht nur in der Architektur-).
So wird jeder Besucher von Mont-Saint-Michel gleichsam - ob es ihm bewusst ist oder nicht - zum Pilger. In mühevollem Aufstieg folgt er den Treppenstufen, die ihn in mehr oder weniger konzentrischen Kreisen um den Felsen nach oben zum Licht führen, das durch die aufstrebende gotische Kathedrale noch verstärkt wird. Das Ziel ist erreicht. Hier lasse ich meine geneigten Leser mit Ihren eigenen Gedanken allein… 

Der Kreis schließt sich, Amiens bleibt uns in Erinnerung durch mindestens die größte, aber auch eine sehr schöne Kathedrale. Unser Bus fährt nach Osten in Richtung Heimat. Magdalena folgt ihrer Namenspatronin und füllt unsere kleinen Reise-Grale mit Pommeau. Welche Freude! Auch der Gral ist nur ein Gefäß, das auf das Gefülltwerden wartet und damit ist der SAUF SERVICE für diese Reise beendet.

Wir beenden nun auch unsere Erinnerungsreise, sind um viele Eindrücke reicher und fahren dankbar nach Hause
. 

Text.
Frieder Birkenhauer (Gastautor)