Reise für die Jumelage ins
französische Jura
von Montag, 14. bis Montag, 21. September 2020
„Grün beruhigt – Jura beruhigt“ so
beschreibt ein bekannter Reiseführer die Landschaft, in die uns
die von Walter Bergmann organisierte und betreute Jumelage-Fahrt
geführt hat. Nun, in das satte Grün der Weiden und Wälder hat sich
schon ein wenig das Gelb und Gold des Herbstes gemischt. Aber
Beruhigung erfuhren wir auch, denn das sehr interessante und
vielseitige Programm war nicht überladen und ließ durchaus Momente
der Muße zu.
Dass die Reise überhaupt zu Stande
kam, war schon der erste positive Aspekt, denn in der Coronazeit
hatten doch einige Jumeleure Bedenken, und Absagen kamen recht
kurzfristig. So war die Reisegruppe auf 15 Teilnehmer geschrumpft,
darunter mehr als ein Drittel Mitglieder unserer Sektion. Eine
kleine Gruppe hat ja auch Vorteile z.B. viel Platz im Bus, und
unsre gut bekannte und bewährte Führerin Regina hatte mit uns auch
weniger Schwierigkeiten.
Aber der Reihe nach: Die Busreisen mit
Walter sind schon häufig beschrieben worden: angenehme Fahrt mit
Jörg als Fahrer, leckere Stärkung bei den Pausen mit Fleischwurst,
Rhenser Brötchen und köstlichem von Walter selbst gebackenen
Kuchen sind feste Höhepunkte. Das Hotel in Malbuisson, von Regina
empfohlen, mit dem sinnigen Namen „Le Lac“ liegt in unmittelbarer
Nähe zum See „Lac de Saint Point“.
Manche hatten das Glück, vom Zimmer
auf den See blicken zu können, andere mussten dafür erst um das
Hotel herumgehen und mit dem Straßenlärm leben. Aber wir waren ja
wegen des dichten Programms nur selten im Zimmer. Das Hotel
glänzte insbesondere durch guten Service und schmackhaftes Essen.
Als angenehm erwies sich, dass wir das Hotel als Standort
behielten und von dort unsere Tagesfahrten starteten.
Wir hatten herrliches Sommerwetter,
Temperaturen hoch in den zwanziger Graden und darüber, und das
mitten im September! Zwei besonders optimistische Reiseteilnehmer
hatten Badesachen mitgenommen und genossen die kühlen Fluten des
Sees.
Wie schon erwähnt, lag ein ereignis-
und abwechslungsreiches Programm vor uns, das aber nicht überladen
war und genügend Zeit für Erholung und Muße ließ. Ausgesprochen
gut und schmackhaft waren die abendlichen Menus, die in
unterschiedlichen Lokalitäten angeboten wurden, denn das Hotel war
noch mit zwei weiteren Restaurants verbunden. Ein lukullischer
Höhepunkt war ein leckeres Käse-Fondue-Essen. Wir waren ja im Land
des Käses und nahe an der Schweitzer Grenze.
Nach diesen allgemeinen Anmerkungen
folgen nun Eindrücke von den Tagen, die wir in dieser wunderbaren
Landschaft mit ihren vielen Sehenswürdigkeiten erleben durften.
Der erste Ausflug führte uns durch das
malerische Doub-Tal zur mittelalterlichen Abtei Montbenoit. Als
eine religiöse Vorbereitung auf dem Weg zur Abtei diente eine in
eine Höhle des allgegenwärtigen Jurafelsens eingerichtete
Marienkapelle, von deren Höhlenwänden das „Weihwasser“ tropfte.
Von der eindrucksvollen Abtei im
romanischen Stil zur Uhrentechnik in Morteau waren es einige
Buskilometer. Im Uhrenmuseum erwartete uns nicht nur eine
ausführliche französich/deutsche Führung, sondern auch viele
sehenswerte Einblicke in die Manufaktur der Instrumente, die unser
Leben tackten und bestimmen. Manches Sammler- und Liebhaberherz
schlug wohl höher beim Anblick der Schmuckstücke.
Pontalier, die größere Stadt wenige
Kilometer nördlich von Malbuisson, hat eine schöne Kirche zu
bieten, die uns leider verschlossen blieb, und eine
Absinth-Manufaktur. Absinth, dieses hochprozentige Getränk, ist
den meisten von uns höchstens aus der Literatur bekannt. Jetzt
konnten wir eine neue Bekanntschaft mit diesem verrufenen Alkohol
bei einer eher missglückten Führung machen. Da der Betrieb
weiterlaufen musste, war wegen des Lärms kaum etwas zu verstehen.
Immerhin konnte der Allgemeinbildung ein Mosaiksteinchen
hinzugefügt werden, zumal sich eine Verköstigung anschloss.
Dieser Nachmittag, den wir nach der
Rückfahrt genießen konnten, bleibt als hochsommerlich und mit der
Option in Erinnerung, in die Fluten des Lac St.Point tauchen zu
können.
Großartige Eindrücke von der bizarren
Landschaft und üppigen Natur gewannen wir einen Tag später bei der
kurzen aber steilen Wanderung zur Quelle der Loue. In Kaskaden
sprudelt das Wasser aus der Felswand. Ein Wunder der Natur. Schön,
dass diese Attraktion wegen der späten Jahreszeit nicht von
Touristen überlaufen war.
Die Eindrücke der Natur waren noch
frisch, als wir in Ornans die Gemälde von Gustave Courbet
bewunderten, der inspiriert von der hiesigen Landschaft,
farbkräftige Bilder geschaffen hatte. Wie das Museum meisterlich
in die Architektur des historischen Wohnhauses eingefügt wurde,
ist fast so bewunderungswert wie die Gemälde. Der Ort Ornans,
durchflossen von der Loue und Seitenarmen, bietet hübsche Motive
für jemanden, der malen kann. Leider müssen wir uns für das
Festhalten der Eindrücke auf unser Smartphone und Digitalkamera
beschränken.
Es herrscht brütende Mittagshitze. Der
Schweiß fließt in Strömen und schmeckt salzig – wobei wir beim
Thema sind. Die Salinen des Königs in Arc-et-Senans dienten der
Salzgewinnung, und sind ein eindrucksvolles Gebäude-Ensembles des
Architekten Ledoux. Seine Modelle von monumentalen Gebäuden und
ein Salzmuseum werden kundig und ausführlich von Regina
kommentiert. Ihre Kenntnisse von noch so vielen Einzelheiten sind
bewunderungswert. Gut, dass direkt vor dem Ausgang der Salinen ein
Café im Freien uns aufnimmt und auffrischt.
Ein weiterer Höhepunkt von
beeindruckender Landschaft und Historie erwartet uns am nächsten
Tag. Der Cirque de Baume – eine der größten landschaftlichen
Sehenswürdigkeiten Frankreichs. Die hohen Felswände im Kontrast
zum grünen Talboden mit der Abtei von Baumes-Les-Messieurs bildet
eine hoch romantische Landschaftskulisse. Irische Wandermönche
gründeten im 6.Jahrhundert die Benediktinerabtei, von der auch die
Gründung von Cluny ausging. Baume bedeutet Labsal. Regina leitet
Baume als alte Bezeichnung für Grotte ab, egal, beides ergibt
Sinn.
In der Umgebung von Grotten bei warmem
Sonnenschein erfreut uns ein wunderbares Picknick. Köstliche
Käsespezialitäten aus dem Jura, geräucherte Wurst und Schinken.
Viele Bauernhäuser räucherten früher diese Jura-Spezialitäten, wie
wir an den Häusern mit markanten Kaminen erkennen konnten. Gekrönt
wurde das Mal mit Baguette, und Wein sorgten für eine wohlige
Mittagsschläfrigkeit.
Aber noch waren die Erkenntnisse über
landestypische Köstlichkeiten nicht erschöpft. Denn weiter ging es
nach Arbois, dem Zentrum für Weinanbau des Jura. Hier wurden wir
in die Besonderheiten des Jura-Weins eingeweiht. Speziell der Vin
Jaune, der gelbe Wein, ist erwähnenswert, da er in einem sehr
aufwendigen Verfahren gekeltert wird. Schmecken tut er eher
gewöhnungsbedürftig – das könnte allerdings die Aussage eines
blutigen Nicht-Weinkenners sein. Am Hotel angekommen blieb noch
genügend Zeit, die Ruhe am See oder ein erfrischendes Bad in
demselben zu genießen.
Schon nähern wir uns dem Wochenende
(Freitag). Der Tag begrüßt uns mit Sonnenschein und wolkenlosem
Himmel. Der Ausflug zum Chateau de Joux wird dadurch noch schöner.
Auf unseren früheren Fahrten hat diese imposante Festung, die eine
Felsenschlucht bewacht und in früheren kriegerischen Zeiten
kontrolliert hat, auf uns herabgeschaut. Jetzt führte uns Regina
durch dieses Monument, das von dem berühmten Baumeister Vauban zur
Festung ausgebaut und später als Gefängnis genutzt wurde. Unter
anderem musste Heinrich von Kleist hier einsitzen, was ihn gar
nicht erfreut hatte, wie er es schriftstellerisch bissig
ausgedrückt hatte. Uns dagegen erfreute eine fantastische Aussicht
weit hinein in die Täler des Jura. Eine fast „im Mittelpunkt der
Erde endende“ Zisterne erregte Staunen und eine eiserne
Wendeltreppe tief hinunter forderte körperliche Anstrengung von
uns.
Vom Großen zum Kleinen: Wir entdeckten
an den alten Gemäuern zahlreiche Kleinodien der Natur: Doris Glück
konnte uns zum Glück die Blümchen und Kräuterchen benennen und
erläutern.
Nun hatten wir eine längere
Mittagspause, die wir im Hotel und am See verbringen konnten, bis
uns eine Käsemanufaktur erwartete. Eine interessante Führung durch
einen „Maître de Fromage“ und eine Verkostung endete mit einem
Einkauf „für zu Hause“. Es gibt wohl keinen in der Reisegruppe,
der nicht von der Qualität und dem köstlichen Geschmack des
Jura-Käses überzeugt war.
Etwas muss noch am Rande erwähnt
werden. Regina erläuterte nicht nur Landschaft, Sehenswürdigkeiten
und Besonderheiten der Gegend. Sie konnte uns auch Einzelheiten
der französischen Geschichte nahebringen, z.B. die diplomatischen
Ränkespiele zwischen dem französischen und dem spanischen Hof. So
wurden schon Kinder aus den Herrschaftshäusern vorausschauend
vermählt, wenn dadurch der Gewinn von Gebieten verbunden war.
Dabei war man nicht zimperlich, dafür aber trickreich, um
vollendete Tatsachen zu schaffen. Eine kindliche Erbin wurde schon
mal mit ihrem späteren Gemahl unter eine Bettdecke gesteckt – der
Vollzug der Ehe konnte dann später geschehen. In Österreich wurde
diese Politik in ein bekanntes lateinisches Sprichwort gefasst:
„Bella gerant alii, tu felix Austria nube.“
(Mögen andere Kriege führen, du glückliches Österreich
heirate).
Die größte und bedeutendste Stadt im
Jura ist Besancon. Die Stadt erwartete uns am nächsten Tag mit
etwas Regen, der aber bald der Sonne Platz machte. Die langen,
imposanten Häuserzeilen aus gelben und blauen Jurastein, die
geografische Lage innerhalb der Flussschleife des Doub, bewacht
durch die Zitadelle über der Stadt, zeichnen Besancon aus.
Höhepunkt nach dem Stadtrundgang unter Reginas kundiger Führung
war eine Flussfahrt rund um den Stadtkern. Rund? …fragt man sich!
Der Doub macht doch eine Schleife! Dann fahren wir mal eben
durch den Berg hindurch, mit der Zitadelle hoch oben drauf. Auch
der unterschiedliche Wasserstand ist kein Problem, wozu gibt es
Schleusen – handbetrieben, sehr fotogen.
Was fehlt noch auf dieser
interessanten Reise? Die Schweiz! Die liegt ja nur wenige
Kilometer östlich entfernt und grenzt an das französische Jura.
Für einen Tag lang, den wir noch zur Verfügung haben, wartet auf
uns ein repräsentatives und besonders attraktives Ziel: Neuchâtel
am gleichnamigen See. Auch hier kennt sich Regina gut aus und
führt uns zu den Sehenswürdigkeiten und hinauf zum Schloss und der
Peter und Paul Kirche.
Eine Einkehr mit Mittagsimbiss stärkte
die ermatteten Füße, vorsorglich haben wir die Euros passend,
damit wir nicht Fränkli zurückbekommen. Die Rückfahrt durch eine
wunderbare Landschaft hinauf auf das Juramassiv wurde nur noch
unterbrochen durch eine Kaffeepause im Hof des Schlosses Grandson
– ein weiterer Höhepunkt.
Beim leckeren Abendessen im Restaurant
„Fromage“ verabschiedeten wir uns von Regina, die noch eine lange
Heimfahrt vor sich hatte. Auf unserer ebenfalls langen, aber
unkomplizierten Heimfahrt am nächsten Tag war dann die Zeit
gekommen, uns für die sichere Busfahrt beim freundlichen und
umsichtigen Fahrer Jörg zu bedanken.
Umrahmt von einer Erläuterung über
Charakter und Entstehung der Jumelage der Sektion Koblenz, wurde
auch Walter bedacht, dessen Rolle wesentlich dafür ausschlaggebend
war, dass diese Reise so wunderbar verlaufen ist. Eine Rückschau
sollte es bei der Adventsfeier der Jumelage am 28. November geben,
zu der alle Reiseteilnehmer eingeladen werden sollten. Dann kam
leider die Pandemie dazwischen und der Termin entfällt. Eine neue
Zusammenkunft ist zu gegebener Zeit geplant.
Text: Dittmar von
Schilling;